„Überflieger” im GesundheitsCampus

Der Bau des GesundheitsCampus schreitet rasch voran – noch heuer soll das medizinische Kompetenzzentrum eröffnet werden. Und viele der dort vorgesehenen „Arbeitsplätze” für Ärzte, Therapeuten, Pfleger und andere Gesundheits-Dienstleister sind bereits vergeben. Als Anästhesist wird der gebürtige Bludenzer Dr. Michael Wirnsperger im Campus-Operationssaal dafür sorgen, dass chirurgische Eingriffe für Patienten schmerzfrei verlaufen.

FOTOS: TM-HECHENBERGER, PRIVAT

Mindestens Pilot wollte er werden, vielleicht sogar einmal als Astronaut das Weltall erkunden. Die Zukunftsträume von Michael Wirns­perger steckten seinerzeit wahrscheinlich noch in vielen anderen „Kinds-Köpfen”: Als 1958 geborener ältester Sohn einer alteingesessenen Bludenzer Familie erlebte er die erste Mondlandung (am 20. Juli vor 55 Jahren) natürlich „live” mit. Es war „ein kleiner Schritt” für Neil Armstrong, aber einer, der die Fantasie einer ganzen Generation von jungen Menschen beflügelte: Man kann alles erreichen, wenn man will! 

Seine Eltern ließen dem Buben die Träume vom Astronauten- oder Pilotendasein, taten sie nie als Hirngespinst ab. Als der jugendliche Bludenzer dann einmal einen Rundflug über Vorarlberg mitfliegen durfte und dabei mit dem Piloten der „Rheintalflug” ins Gespräch kam, war es quasi in Stein gemeißelt: Der Flugschein musste her. Dieses Ziel ging Michael Wirnsperger gleich nach der Matura am BG Bludenz an – und Papa Roman steuerte auch ein bisschen etwas bei, damit er am Hohenemser Flugplatz den Pilotenschein machen konnte.

Was den künftigen Beruf anlangte, gab es für den jungen Piloten mit Matura ein breites Spektrum an Vorstellungen. „Physik interessierte mich sehr und prinzipiell jede technische Ausbildung. „Andererseits habe ich mich aber auch immer für die psychologische und philosophische Betrachtung des Menschen, den Menschen in allen Aspekten, interessiert”, so Wirnsperger. Ein Psychologiestudium stand also auch zur Diskussion.

Zivildienst entscheidend für die Berufswahl 

Vorher war aber noch der „Dienst am Staate” fällig. Michael Wirnsperger meldete sich zum Zivildienst und leistete diesen beim Roten Kreuz in Bludenz ab. „Das war für mich ein großer Glücksfall”, weiß er heute. Als Zivi unterstützte er erfahrene Sanitäter, „die in jeder Situation wussten, was zu tun ist”, zeigt er sich noch heute beeindruckt.  

Nach dem Zivildienst wurden daher die bis dahin angepeilten Berufsausbildungen beiseite gelegt. „Ich wollte zumindest ein Semester lang Medizin studieren, um mir auch diese bis dahin nicht im Fokus gestandene Variante anzuschauen.” Die Eltern ließen auch diesen Sinneswandel zu. Und an der Uni in Innsbruck war dann bald alles klar: Michael Wirnsperger hatte „sein Ding” gefunden. Nach dem Medizinstudium und Turnus-Praktika absolvierte er die Ausbildung zum Anästhesisten. 

„Der Anästhesist sorgt dafür, dass die allermeisten Patienten die jeweiligen chirurgischen Eingriffe schmerzfrei und ohne Nebenwirkungen überstehen”, erklärt Dr. Wirnsperger. Seit 1999 ist er auf dieses Fach fokussiert, praktizierte viele Jahre lang in Innsbruck, Feldkirch und zuletzt in Zams. Seit einem guten Jahr ist er als Anästhesist am Bludenzer Krankenhaus tätig. 

Die dem Anästhesisten bereitstehenden pharmazeutischen Hilfsmittel für die Ausschaltung des Bewusstseins (Narkotika) und des Schmerzempfindens (Analgetika) sowie die technischen Möglichkeiten zur exakten Überwachung ihrer Wirksamkeit sind aus Dr. Wirnspergers Sicht ein großer Segen. „Man denke nur daran, dass etwa Verwundeten im Ersten Weltkrieg zu Zehntausenden ohne Betäubung ihre zerschossenen Gliedmaßen amputiert wurden”, hängt er eine Horrorvorstellung an. 

In Österreich gut versorgt

Heute werden Patienten auch bei vergleichsweise kleinen Eingriffen in den künstlichen Tiefschlaf versetzt und wachen in den allermeisten Fällen schmerz- und oft sogar beschwerdefrei auf. „Das ist auch gut so”, betont Wirnsperger. „In unserem Gesundheitssystem gibt es sicher Verbesserungsbedarf, und konstruktive Kritik daran ist auch wichtig”, erklärt der Mediziner.  Leserbriefe über angeblich schlechtes Essen oder hohe Parkgebühren im Krankenhaus  erscheinen ihm angesichts dieser gewaltigen Entwicklung allerdings geradezu skurril. Man müsse stattdessen sehen, erklärt der Weitgereiste, der viele Gesundheitssysteme anderer Länder kennengelernt hat, dass in weiten Teilen der Welt die medizinische Versorgung nicht annähernd so gut ist wie in Österreich und sogar heute noch Operationen ohne (ausreichende) Betäubung durchgeführt werden. Als Flugarzt bei Tyrol Air Ambulance hat Dr. Wirnsperger – genau aus diesem Grund – im Dienst der Flug­ambulanz schon viele hundert im Ausland erkrankte oder verunfallte Patienten zurück nach Österreich geflogen.

Einsatz für Menschen in Afrika

Wichtig war ihm aber auch, dass er sich für diejenigen einsetzt, die sich nicht einfach „ausfliegen” lassen können. Seit vielen Jahren ist Michael Wirnsperger deshalb aktives Mitglied der AMREF Flying Doctors. Einmal jährlich ist er dazu in Afrika unterwegs und arbeitet in verschiedenen kleinen und größeren ländlichen Krankenhäusern mit.

„Wir unterstützen medizinisches Personal vor Ort, damit sie diverse Operationen fachgerecht ausführen können”, erklärt er die Arbeitsweise der weltweit tätigen Organisation „Hernia International”. Es handelt sich um relativ einfache Eingriffe, die aber die Lebensqualität der Betroffenen entscheidend verbessern, wenn sie durchgeführt werden: Kinder mit Hodenhochstand könnten unbehandelt zum Beispiel unfruchtbar werden oder an Hodenkrebs erkranken, Erwachsene leiden – unbehandelt– ihr Leben lang an einem Leistenbruch.

Afrika hat es Dr. Wirnsperger überhaupt angetan, er hat den Kontinent auch als Urlauber schon unzählige Male – und immer abseits der Touristenströme – bereist. Die große Hoffnung für diesen Kontinent sind aus seiner Sicht die jungen Menschen und ihre unglaubliche Wissbegierigkeit. „Die Kinder gehen alle sehr gerne in die Schule, und zwar nicht nur in den ersten paar Tagen”, kann er sich einen – unausgesprochenen – Vergleich mit dem österreichischen Schulsystem nicht verkneifen: „Auch bei uns freuen sich doch alle Kinder auf den ersten Schultag! Aber bald ist diese Freude dahin. Was läuft da falsch?” 

Lernwillig auch abseits der Schulmedizin

Dr. Wirnsperger selbst ist dem sprichwörtlichen „lebenslangen Lernen” immer lustvoll treu geblieben. Er hat dabei auch die Pfade der klassischen Schulmedizin bewusst verlassen und unter anderem eine umfangreiche Ausbildung in Sachen Akupunktur absolviert. Er setzt – auf Wunsch der Patienten – etwa bei Rückenschmerzen,Verdauungsproblemen, Schlafstörungen und vielen weiteren  Leiden in Begleitung zu anderen Therapien sehr gerne auf gezielte „Nadelstiche”. Seine Zulassungsprüfung als  Flugmedizinischer Sachverständiger  hat er ebenso vor vielen Jahren erworben: Piloten müssen sich ja regelmäßig auf ihre Flugtauglichkeit untersuchen lassen. Sie vertrauen bei dieser  umfangreichen und – speziell für Berufspiloten – heiklen Untersuchung gerne ihrem Pilotenkollegen. 

Vor einem Jahr ist der Bludenzer in seine Heimatstadt zurückgekehrt. Wer geglaubt hat, dass sich der damals 65-Jährige mit dem Ortswechsel auch in den Ruhestand begibt, der hat sich allerdings getäuscht. Stattdessen ist Dr. Wirnsperger in die Praxis des Herzspezialisten Dr. Daniel Gfrerer in der Schillerstraße „eingestiegen” und bietet dort – neben dem Engagement am Bludenzer Krankenhaus – seine Dienste als Allgemeinmediziner an. 

Vorfreunde auf den GesundheitsCampus

Jetzt, in seinem 66. Lebensjahr, macht sich Dr. Wirnsperger wieder „zu neuen Ufern” auf: Dr. Gfrerer hat ihm nämlich sein Konzept vom GesundheitsCampus erläutert und ihn dafür begeistert. „Dort wird gemäß dem biopsychosozialen Konzept der Mensch als Ganzes im Fokus stehen. Alle Mitarbeiter wollen sich mit vereinten Kräften und all ihren verschiedenen Fähigkeiten für das Wohlbefinden der Menschen einsetzen, die sich uns anvertrauen.” Dr. Wirnsperger freut sich schon auf die für den Herbst geplante Eröffnung. Und ganz besonders auf die vielen Kolleginnen und Kollegen, die mit ihm und für die Patienten zu einem neuen „Höhenflug” ansetzen wollen.

Dr. Michael Wirnsperger wird ab Herbst als Anästhesist im künftigen GesundheitsCampus Bludenz tätig sein. Bereits im kommenden Herbst soll das medizinische Kompetenzzentrum eröffnet werden.
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