Wasserfest zum 325. Geburtstag

Viele Satteinser Handwerksbetriebe haben eine lange Tradition. Im Zunftbuch werden viele Fotos „von früher“ aufbewahrt. Im Bild: Sägerei Kaspar Mündle.

1697 gründeten die Satteinser Handwerker ihre Zunft. Über Jahrhunderte wurden hier Preise geregelt, Meisterbriefe vergeben und Strafen verhängt. Seit 15 Jahren ist Alfons Lins Zunftmeister. „Zu sagen habe ich gar nichts”, stellt er mit einem Schmunzeln klar, dass die Macht der Zunft längst passé ist. Zu tun hat er aber trotzdem viel.

FOTOS: HWZ-ARCHIV, TM-HECHENBERGER, INGIMAGE

Ministerien und Sozialpartner mit ihren Kammern und Verbänden bestimmen heute das Wirtschaftsleben, regeln zentral, was früher im Ort bzw. im Gerichtsbezirk Jagdberg vereinbart worden ist. Die Handwerkerzunft mit ihrer 325-jährigen Geschichte ist trotzdem tief in Satteins verwurzelt. 165 Mitglieder zählt sie aktuell. Das ist sogar ein historischer Höchststand, wobei längst nicht mehr – wie in früheren Jahrhunderten üblich – nur ausgebildete Meister und Gesellen in die Zunft aufgenommen werden. „Wer einen Beruf mit Leidenschaft ausübt und Interesse an der Fortführung unserer Tradition hat, ist herzlich willkommen”, betont Alfons Lins. Statt einem erlesenen – und bis 1945 übrigens ausschließlich männlichen – Kreis der Wirtschaftselite früherer Jahrhunderte, versammelt die Zunft heute einen bunten Mix von Menschen mit verschiedensten Interessen und unterschiedlicher Generationen. Das jüngste Zunftmitglied ist aktuell 21 Jahre alt, der Senior bereits über 90. Die Zunft habe daher im Dorf auch einen sehr integrativen Charakter, sind sich die Mitglieder im Zunftvorstand einig. Bei Zunft-Anlässen verschiedenster Art trifft sich quasi ganz Satteins.


325 Jahre – Handwerk mit goldenem Boden

Der Begriff „Zunft“ leitet sich von „sich ziemen“ ab und beschreibt die Regeln, nach der eine Gesellschaft leben soll. Schon seit dem 12. Jahrhundert schlossen sich Handwerker zu Zünften (die andernorts „Gilden“ genannt wurden) zusammen und gaben sich dort eigene Regeln. Die Anzahl der Meister und Gesellen war begrenzt und die Zuteilung von Arbeit und Rohstoffen sowie die Preisgestaltung war Sache der Zünfte. Die Zünfte waren entsprechend mächtig. Ihr „Chef“ war der von den Mitgliedern gewählte Zunftmeister: Er überwachte die Einhaltung der Regeln. Bei Verstößen und Streitigkeiten tagte das eigene Zunftgericht. Praktisch alle Handwerker unterlagen dem Zunftzwang. Wer außerhalb der Genossenschaft tätig war, galt als Pfuscher und wurde boykottiert. So hielt man sich Konkurrenz vom Leib und sorgte für ein ordentliches Einkommen (der Mitglieder). Von den Zünften profitierten aber auch die Arbeitnehmer: Die Arbeitszeiten waren begrenzt und ihre Einhaltung wurde streng überwacht. Die älteste Zunft Vorarlbergs ist die 1479 gegründete „Großhammerzunft Feldkirch“. Satteins gehört mit 325 Jahren Geschichte zu den jüngeren Zünften im Ländle.


Jährlicher Höhepunkt ist freilich der Zunfttag. Der wird wie anno dazumal (und in der Verleihungsurkunde von Kaiser Karl VI. angeordnet!) mit einem Gottesdienst und dem Gedenken an die verstorbenen Mitglieder begonnen. Danach geht es zum Gasthaus Sternen, wo die eigentliche Zunftversammlung stattfindet. Wie eh und je wird vor Sitzungsbeginn die Zunftkerze entzündet und die Zunftlade mit verschiedenen Symbolen und diversen Niederschriften geöffnet. Bis vor wenigen Jahren befanden sich darin alle wertvollen Dokumente aus Jahrhunderten – inzwischen sind diese im Landesarchiv sicher aufbewahrt. Manche meinen, die Zunftlade verströme beim Öffnen immer einen seltsam „müchteligen” Geruch: Tatsächlich wäre die Zunftlade bei einem verheerenden Brand im Jahr 1870, dem fast alle Häuser des Unterdorfs zum Opfer fielen, fast vernichtet worden. Auch im Gasthaus Krone, in dem die Lade untergebracht war, loderten die Flammen, und Löschwasser stand nicht zur Verfügung. In letzter Verzweiflung versuchte man es mit Jauche – und war damit erfolgreich.

Nach dem offiziellen Teil mit Tätigkeitsberichten, Ehrungen und Neuaufnahmen wird die Lade wieder geschlossen. Früher undenkbar: Zu den Zunfttagen sind seit einigen Jahren immer alle interessierten Satteinser eingeladen. Zunftmeister Alfons Lins ist sogar bemüht, das Interesse am Zunfttag mit der Einladung von hochkarätigen Referenten zusätzlich zu steigern: Alt-Landeshauptmann Martin Purtscher, „Lehrlingspapst” Egon Blum, ORF-Moskau-Korrespondentin Carola Schneider und viele andere plauderten bei den Satteinser Zunfttagen der vergangenen Jahre schon aus ihren jeweiligen Nähkästchen. Traditionell folgt dann ein ausgiebiger Frühschoppen, bei dem das Gehörte ausgiebig nachverhandelt werden kann. Manch ein Zunfttag-Besucher hat dann schon das Nachmittagsprogramm mit Exkursionen, Museumsbesuchen, Jassen oder Kegeln verpasst. Am Abend treffen sich alle wieder in der Zunftherberge – dem Sternen – zu einem gemütlichen Ausklang bei Musik und Tanz. In den letzten beiden Jahren hat allerdings die Corona-Pandemie dieser Tradition einen Strich durch die Rechnung gemacht – die Zunfttage mussten abgesagt werden.

Umso mehr wollen die Zunftgeschwister das 325. Bestandsjahr der Handwerkerzunft gemeinsam mit der Bevölkerung feiern – und haben dafür ein besonderes Highlight vorbereitet. Vom 12. bis zum 17. September dreht sich in Satteins alles rund um das Thema Wasser. „Die Nutzung der Wasserkraft war für viele Handwerker traditionell von großer Bedeutung”, erklärt der Zunftmeister. In Mühlen, Sägereien oder Schmieden wurde schweres Gerät über Wasserräder betrieben. Im Jahr 1896 ging in Satteins außerdem eines der ersten Wasserkraftwerke Vorarlbergs in Betrieb: Der erzeugte Strom wurde zunächst primär von Betrieben genutzt und hat damit maßgeblich zur wirtschaftlichen Entwicklung von Satteins beigetragen.

Ein eigens angelegter „Wasserweg” soll darüber informieren. Wasser ist vor allem aber ein für Mensch, Tier und Umwelt unverzichtbares Lebenselixier. Der Wasserweg informiert daher auch über die Bemühungen der Gemeinde Satteins, allen Haushalten jederzeit genügend und absolut sauberes Trinkwasser bereitzustellen. Bürgermeister Dipl.-Bw. (FH) Gert Mayer freut sich über diese Initiative und sagte sofort Unterstützung für dieses Projekt der Handwerkerzunft zu. Mit im Boot ist auch Wassermeister Edi Sönser, der zur „Wasserwoche“ sogar die ansonsten streng verriegelten Tore zu den beiden Hochbehältern Kamizan und Burghalden öffnet: Rund 380 Satteinser Volks- und Mittelschüler erfahren bei den Exkursionen, wie das Wasser vom Berg in den Trinkhahn zuhause kommt. Im Anschluss an die Exkursion werden alle Schüler beim Schießstand mit einer Jause verwöhnt: Auf Einladung der Gemeinde und der Handwerkerzunft. Am Samstag, 17. September sind alle zum großen Wasserfest beim Schießstand geladen. Dabei gibt es auch – aber nicht nur! – Wasser zu trinken…

325 Jahre Handwerkerzunft „Wasserfest” am Samstag, 17. September
13 bis 17 Uhr: Gemeinsame Begehung des Wasserweges (Start beim Kirchplatz); Dauer ca. 2 Stunden. Die Feuerwehr Satteins bietet einen Gratis-Taxidienst für jene, die sich beim Laufen schwertun.
Ab 14 Uhr ist die Gastronomie beim Festplatz am Schießstand mit drei großen Festzelten geöffnet.
15 Uhr: Feierliche Einweihung des neuen Hochbehälters Kamizan durch Pfarrer Varghese Georg Thaniyath oder Vikar Gerold Reichart Ab 16 Uhr Platzkonzert des Musikvereins beim Festplatz
Ab 19 Uhr: Festabend mit Livemusik von „Guat & Günschtig”; Weinlaube und Barbetrieb. Die Veranstaltung findet bei jeder Witterung statt!

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