Sie sind Lokführer, Hausfrau, Konstrukteur, Vertreter, Lehrerin… und gemeinsam sind sie Schroffalamm. Die Familien Bürkle und Vonblon-Bürkle haben sich seit ein paar Jahren auf die Zucht von Ziegen und Schafen spezialisiert. Außerdem bevölkern Hühner, Hunde, zwei Haflinger, Meerschweinchen und Katzen ihren Hof in Bürs unweit des Stelleschroffens – der bedrohlich wirkenden Felswand, die den Eingang zur Bürser Schlucht rahmt.
FOTOS: Tanja Egger, TM-HECHENBERGER
Lammsalami, Lamm-Leberstreichwurst, Mostbröckle, Schaf-Kaminwurzen, Eier, Eierlikör, ab und an ein „Schroffahennele” – im Selbstbedienungs-Kühlschrank am Schassweg sind immer wieder feine Dinge zu entdecken. Den Großteil der Lämmer und Ziegen liefern die beiden Familien allerdings an die Nobel-Gastronomie-Betriebe Traube und Rössle in Braz sowie an die Firma Spar und private Stammkunden.
„Ohne die Schwiegereltern würde das nicht gehen”, ist sich Christoph Vonblon-Bürkle bewusst. Denn er, seine Frau Sabrina und Schwager Florian sind voll berufstätig. Da bleibt nicht allzu viel Zeit, um die 16 Ziegen zu melken, die 160 Mutterschafe und sechs Widder sowie etliche Lämmer und Kitze zu versorgen. „Mich könnte man morgens ohnehin nicht auf Menschen loslassen”, lacht der Nebenerwerbsbauer. „Ich brauche zuerst die Zeit im Stall.” Und wenn alle mitanpacken und sich gegenseitig unterstützen, klappt auch der Rest.
Christoph Vonblon-Bürkle ist in Bludenz aufgewachsen. Die Landwirtschaft hat ihn von klein auf interessiert. Der Vater hatte ein paar Rinder, aber keinen eigenen Stall. Bei der Oma verbrachte Christof Vonblon-Bürkle gerne Zeit mit den Geißen und Schafen. Weil man damals an der landwirtschaftlichen Fachschule in Hohenems noch nicht mit Matura abschließen konnte – und ohnehin kein Hof zu übernehmen war, zog es ihn in die Steiermark, wo er sich zum Forstwirt ausbilden ließ. Parallel dazu begann er in Vorarlberg neben seiner Tätigkeit als Futtermittel-Vertreter, Schafe zu züchten. Mit beachtlichem Erfolg. Davon zeugen zahlreiche Auszeichnungen, die er in einer kleinen Kammer sammelt.
Braune Bergschafe – eine vom Aussterben bedrohte Rasse – haben es ihm besonders angetan. Der Handel bevorzugt zwar reine Mastrassen, aber „sie gefallen mir einfach. Wahrscheinlich wegen ihrer langen Ohren.” Er setzt ohnehin auf Direktvermarktung.
Vor sechs Jahren ist Christoph Vonblon-Bürkle mit seiner heutigen Frau Sabrina nach Bürs gezogen, direkt ins Haus neben seinen Schwiegereltern. Man beschloss, sich den Stall, der die beiden Häuser verbindet, zu teilen. Schwager Florian hatte früher schon einmal Schafe gezüchtet, während der Vorbereitungen auf die Matura dann aber pausiert. Vor fünf Jahren packte es ihn aber wieder, und 2014 stellten auch die Schwiegereltern Elfriede und Sigurd – unterstützt von Tochter Sandra – ihren traditionellen Rinderbetrieb ganz auf Schafe um. Gemeinsam vermarkten sie nun Tiere, Fleisch, Eier und vieles mehr unter dem Markennamen Schroffalamm. Dieses Konzept brachte den beiden Familien 2017 den Hauptpreis beim „I luag druf – Zukunftspreis” ein, den die Landwirtschaftskammer alljährlich an innovative Betriebe vergibt.
Alles wird verwertet
Über mangelnde Nachfrage muss sich das „Schroffalamm-Team” nicht beklagen. Sogar die Schaffelle, die regelmäßig zu einer Gerberei in Tirol gebracht werden, finden reißenden Absatz. Trotzdem tüfteln die Familienmitglieder immer wieder an neuen Ideen, wie man beispielsweise nicht so begehrte Fleischteile wie Schulter, Bauch oder Innereien zu besonderen Spezialitäten verarbeiten könnte. In Zusammenarbeit mit den Metzgereien Schatz und Lampert hat Schroffalamm etwa einen – inzwischen Silber-prämierten – Lamm-Käsekrainer, eine Schaf-Cabanossi und eine Lammleberstreichwurst mit Preiselbeeren kreiert, die bei der Kundschaft bestens ankommen.
Skeptischer sind viele Genießer allerdings, wenn es ums Kitz geht. „Dabei ist dieses Fleisch fett- und cholesterinarm und sehr gesund”, müssen Christoph Vonblon-Bürkle und sein Schwager immer wieder einmal Überzeugungsarbeit leisten, wenn sie etwa vor dem Interspar-Markt ihren Stand aufbauen. „Ein Kitz wird im Alter von zehn bis zwölf Wochen geschlachtet”, erklären die begeisterten Landwirte, „da haben viele Leute Bedenken.” Die können die beiden Züchter nur zum Teil nachvollziehen. „Denn ein Masthuhn wird gerade einmal 21 bis 28 Tage alt. Da sagt keiner was.” Außerdem bemühen sich die Familien Vonblon und Bürkle darum, dass es ihren Tieren gut geht. Zur Sommerfrische geht es etwa regelmäßig auf die Alpe Schattenlagant im Brandnertal. „Aber”, gibt Christoph Vonblon-Bürkle zu, „ich habe auch schon einmal ein zwölf Jahre altes Schaf einschläfern lassen. Die alte Frieda hätte ich auch nicht essen können.”