Feines Wohnen

Sie ist die „Chefin” von 3.964 Wohnungen in ganz Vorarlberg und schaut darauf, dass es den Mietern und  Eigentümern gut geht: Alexandra Schalegg aus Ludesch leitet seit zweieinhalb Jahren die Vorarlberger Geschäftsstelle der gemeinnützigen „Alpenländischen Wohnbaugesellschaft” in der Feldkircher Vorstadt.

FOTOS: TM-HECHENBERGER, ALPENLÄNDISCHE

Das mit den 3.964 Wohnungen stimmte jedenfalls beim Interviewtermin Ende Juli. Durchschnittlich kommt allerdings fast jeden dritten Tag eine neue Wohnung dazu – bis zum Jahresende werden in Vorarlberg schon mehr als 4.000 „Alpenländische Wohneinheiten” bestehen.

Für die gelernte Bautechnikerin Alexan­dra Schalegg und ihr Team ist alleine dieses ambitionierte Bauprogramm eine tägliche Herausforderung. Während irgendwo zwischen Hörbranz und St. Gallenkirch gerade eine neue Wohnanlage an die glücklichen Bewohner übergeben wird, stehen an anderer Stelle Bauverhandlungen für ein neues Projekt an, werden Spatenstiche organisiert und mehrere laufende Baustellen im Auge behalten. 

Aktuell zum Beispiel sind acht neue Wohnanlagen mit 136 Wohnungen in Planung, 77 Wohnungen sind schon seit dem Vorjahr in Bau, für drei neue Anlagen mit 37 Wohnungen erfolgte heuer der Spatenstich, und zur Jahresmitte wurden heuer schon vier Wohnanlagen mit 54 Wohnungen übergeben.

Top-Architekten am Werk

Für die Planungen holt man sich bei der Alpenländischen jeweils erfahrene Architekten an Bord, die sich mit den örtlichen Gegebenheiten und Möglichkeiten intensiv auseinandersetzen und für den jeweiligen Standort die bestmögliche Lösung suchen – damit den künftigen Bewohnern eine hochwertige Wohnqualität geboten werden kann. Mit den Bauarbeiten wiederum werden Generalunternehmer beauftragt, die ihrerseits mit den regionalen Handwerkern zusammenarbeiten. Die Bauleitung obliegt jeweils den technischen Mitarbeitern der Alpenländischen.

Ein bedeutendes Kriterium für den gemeinnützigen Wohnbau sind freilich auch die Kosten, für die vom Land – als Bedingung für die finanzielle Förderung der späteren Mieter und Eigentümer – auch Obergrenzen gezogen werden. „Das macht natürlich Sinn”, erklärt Schalegg, „unser Auftrag ist ja die Schaffung von leistbarem Wohnraum.” Richtigerweise werden aber nicht nur die reinen Baukosten, sondern auch die Betriebs- und Erhaltungskosten in die Gesamtrechnung einbezogen.

Ökologie und Kostenwahrheit

Sehr viel Wert legt Alexandra Schalegg genau deswegen auf einen möglichst geringen Energiebedarf und den Einsatz von ausschließlich ökologischen und lösemittelfreien Produkten. „Seit einigen Jahren bemühen wir uns für jede Anlage um das klimaaktiv-Zertifikat, das hohe Anforderungen an Energieeffizienz, Ökologie, Komfort und Ausführungsqualität stellt. Und diese Bedingungen erfüllen wir regelmäßig”, ist Schalegg stolz auf bereits zahlreiche Auszeichnungen.

Einige Sorgen bereiten der Wohnraum-Managerin die steigenden Kosten. Die Preise für Baugründe steigen in vor Jahren noch nicht für möglich gehaltene Dimensionen. Weil die Alpenländische seit ihrer Gründung vor 80 Jahren ihre Überschüsse jeweils in den Erwerb von Baugründen investiert, sind noch Reserven vorhanden.

Neben dem Ziel, jährlich rund hundert günstige und hochwertige neue Wohnungen zu schaffen, ist auch die Betreuung der rund 8.000 Bewohner der Anlagen eine tägliche Herausforderung. „Da gibt es natürlich hin und wieder Probleme”, bestätigt Schalegg. Hauptursachen für oft hartnäckige Verstimmungen zwischen Nachbarn sind Lärmbelästigung und fehlerhafte Müllentsorgung. In Sachen Konfliktmanagement sind die Mitarbeiter der Alpenländischen aber gut aufgestellt. Da gibt es einmal für jede Wohnanlage einen direkten Ansprechpartner, der Probleme mit klärenden Gesprächen meist schon frühzeitig aus der Welt schaffen kann. Bei anhaltenden Konflikten kommen alle Betroffenen in einem Mediationsverfahren an einen Tisch. Nützt auch das nichts, dann wird professionelle Hilfe vom Institut für Sozialdienste angefordert. „Die IfS Siedlungsarbeit hat uns schon in vielen Fällen sehr geholfen”, lobt Alexandra Schalegg diese Einrichtung. Auch sie selbst ist ehrenamtlich im Vorstand des „Vereins der Freunde Kaplan Bonetti” sozial engagiert.

Professionelles Konfliktmanagement

Solche Konflikte sind natürlich – für alle Beteiligten – oft lange Zeit nervenaufreibend. Sie sind aber die Ausnahme: Der Alltag in den Wohnanlagen der Alpenländischen ist durch gute Nachbarschaft und gegenseitige Hilfsbereitschaft geprägt. „Präventiv” ist dabei hilfreich, dass die für die Vergabe der Wohnungen zuständigen Standortgemeinden um eine ausgewogene Zusammensetzung der Bewohner der einzelnen Anlagen bemüht sind. „In diesem Zusammenhang will ich den Begriff des Sozialen Wohnbaus gar nicht mehr hören”, so Schalegg: Nach wie vor leiten sich daraus nämlich entsprechende Vorurteile ab. „Natürlich haben Menschen, die sich in schwierigen Lebenssituationen und akuter Wohnungsnot befinden, bei der Zuteilung einer Wohnung einen gewissen Vorrang. In den Gemeindeämtern weiß man aber sehr gut, dass es etwa im Sinne der Inklusion kontraproduktiv wäre, in einer Anlage beispielsweise einen übermäßigen Anteil an Menschen mit migrantischem Hintergrund zu konzentrieren”, stellt Schalegg klar. Dagegen werde in den gemeinnützigen Wohnbaugesellschaften durch entsprechend sensible Integration gesamtgesellschaftlich ein großer Beitrag für das gute Miteinander geleistet.

Ein weiteres großes Arbeitsfeld der engagierten Ludescherin und ihres mit 13 Mitarbeitern (davon sieben in Vollzeit) schmal besetzten Teams ist die Instandhaltung. „Wie jeder Häuslebauer schauen wir natürlich laufend dazu, dass die Wohnanlagen gut in Schuss sind. So können wir einerseits die Wohnqualität erhalten und andererseits langfristig Kosten sparen”, erläutert Schalegg. Diese Arbeiten laufen nebenher und werden meist – auch von den Bewohnern – kaum wahrgenommen.

Aufregung um Südtirolersiedlung

Anfang April gab es dazu aber sogar Schlagzeilen und große Aufregung in den Vorarlberger Medien. Anlass dazu waren die Überlegungen zur Bludenzer „Südtirolersiedlung”. 397 Wohnungen werden hier von der Alpenländischen betreut. Die ersten Häuser wurden im Jahr 1942 errichtet, die jüngsten sind auch schon fast 50 Jahre alt. Entsprechend hoch war und ist der Aufwand für die Erhaltung. Allein seit 2003 bis 2020 wurden über sieben Millionen Euro in die „Brauchbarmachung“ von Wohnungen investiert: Einzelne kaputte Tür- und Fensterstöcke wurden ersetzt, Holzböden getauscht, elektrische Leitungen erneuert, Installationen repariert und Fassaden hergerichtet.

„Mit diesem Klein-Klein mussten wir aufhören”, erklärt Schalegg. Stattdessen ist man bereit, in die substanzielle und nachhaltige bauliche Aufwertung der ganzen Siedlung ordentlich zu investieren: Ein großes Projekt, welches nicht von heute auf morgen umgesetzt werden kann. Zumal das Südtiroler-Ensemble auch einen ganz eigenen Charakter hat, der von den Bewohnern sehr geschätzt wird und auch insgesamt erhalten bleiben soll.

Die Häuser der Bludenzer Südtirolersiedlung sind teilweise 80 Jahre alt. Sie müssen modernisiert werden, der Charakter der Siedlung soll aber erhalten bleiben. Ein umfangreicher Planungsprozess wurde eingeleitet, um herauszufinden, wie das bestmöglich gelingen kann.

Wie diese notwendige Modernisierung bei gleichzeitiger Wahrung des Ensemble-Charakters gelingen soll, darüber machen sich derzeit einige der besten Architekturbüros und Stadtplaner Gedanken. Bis die ersten Entwürfe vorgestellt werden können, wird es aber noch dauern. „Unsere Mieter können jedenfalls beruhigt sein: Die bestehenden Mietverträge bleiben unangetastet, und es wird von unserer Seite keine Kündigungen geben”, versichert Schalegg.

Klar ist, dass die Investitionskosten Auswirkungen auf die Höhe der Mieten haben werden. Die gemeinnützigen Wohnbaugesellschaften sind zwar nicht gewinnorientiert, mit den Mieten (und Verkaufserlösen) muss aber der Aufwand gedeckt werden.

Derzeit liegen die Mieten in der Bludenzer Südtirolersiedlung bei fünf bis sechs Euro je Quadratmeter. Das entspricht etwa der Hälfte der Mietkosten in den Neubauten, die bei rund 9,60 Euro liegen. Irgendwo dazwischen werde dann der Mietpreis in der „neuen” Südtiroler Siedlung liegen – deren Bestand dann aber wieder für Jahrzehnte gesichert ist.

Dieses Projekt wird Alexandra Schalegg noch einige Jahre mit Arbeit versorgen, bei der Weitsicht, Geduld und Mut gleichermaßen gefordert sein werden. „Aber ich habe tolle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, auf die ich  mich voll verlassen kann”, betont Alexandra Schalegg, dass in der Vorarlberg-Zentrale der Alpenländischen Wohnbaugesellschaft in der Feldkircher Vorstadt nicht sie allein, sondern ein ganzes Team engagiert am Werk ist, damit es die Besitzer und Mieter bei der Alpenländischen „frei haben”.

 

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