Altes Handwerk… ganz modern

„Alles, was fotografiert werden kann, lässt sich auch in Holz umsetzen.” – Bauspengler Markus Khüny begeistert sich für traditionelle Intarsienkunst und hat diese mit modernen Hilfsmitteln weiterentwickelt. 

FOTOS: CHRISTA ENGSTLER

Das Intarsien-Handwerk hat bei den Khünys lange Tradition. „Mein Uropa hat das schon gemacht”, berichtet Markus Khüny. Im Winter, wenn draußen nicht viel zu tun war, schnitt der Bludenzer Landwirt verschiedenfarbige Holzteile mit der Laubsäge zurecht und setzte sie zu Landschaftsbildern oder grafischen Verzierungen für Holzschatullen zusammen. Sein Sohn Robert Khüny übernahm sogar Auftragsarbeiten und entwickelte dafür eigene Werkzeuge. Mit besonderer Vorliebe setzte er die Rungeliner Kirche oder das Riedmiller-Denkmal in Szene. Bald wollte er auch den ältesten Neffen in die Familientradition einweihen. 

Die Einführungen des Onkels stießen durchaus auf fruchtbaren Boden, doch über eine lange Zeit standen bei Markus Khüny ganz andere Dinge im Vordergrund. Erst vor rund drei Jahren packte den Metallbauer und Bauspengler das Intarsien-Fieber – dann aber gleich richtig. Er richtete sich im Keller seines Hauses eine kleine Werkstatt ein, in der er in seiner Freizeit mit größter Sorgfalt eine Vielzahl an hauchdünnen Furnieren bearbeitet. Allerdings verwendet er dafür keine Laubsäge wie einst der Urgroßvater, sondern ein Skalpell. Doch wenn er dieses zur Hand nimmt, hat er sich bereits ausgiebig mit seinem Motiv beschäftigt. Denn der Bludenzer hat eine besondere Technik entwickelt, die es ihm erlaubt, auch sehr filigrane Motive perfekt umzusetzen. Er wählt sorgsam ein geeignetes Foto aus, zerlegt das Motiv am Computer in seine Einzelteile, bereitet die Schnittvorlage grafisch perfekt auf. Dabei  hat er das Endergebnis schon ganz genau im Kopf. Sein Lager, das er jedes Jahr mit einem Großeinkauf  direkt beim Hersteller um etliche Furnierrollen erweitert, hält hauchdünne Holzplatten in unterschiedlichsten Farben bereit. Natürlich wählt er auch sorgsam eine Maserung, welche den Charakter des Motivs perfekt unterstreicht. 

Ab diesem Zeitpunkt geht es um fein säuberliche Handarbeit. Die Teile müssen schließlich perfekt aneinander anschließen. Denn eine hochwertige Intarsie punktet mit absolut planer Oberfläche ohne auch nur die kleinste Spalte. Eine Schwierigkeit besteht darin, dass das Motiv seitenverkehrt angelegt werden muss. Die Holzteile werden auf der Unterseite mit Furnierklebeband fix­iert. Wenn alles perfekt positioniert ist, wird eine dünne Platte als „Gegenfurnier” aufgeleimt. Damit ist sichergestellt, dass sich das Holz nicht verzieht und auch langfristig nichts „schüsselt”. Der Weißleim, der das alles zusammenhält, muss dann rund 24 Stunden trocknen. Erst wenn das Motiv danach gewendet wird, kann Markus Khüny endgültig beurteilen, ob die Einlegearbeit perfekt gelungen ist. 

„Königsklasse” Portrait

Weil jeder Holzton etwas anders ausfällt und natürlich auch die Maserung variiert, ist jede Intarsie ein Unikat. Portraits sind allerdings die Königsklasse. Markus Khüny präsentiert denn auch stolz prominente Gesichter, die er mit hauchdünnen Furnieren handwerklich perfekt umgesetzt hat. Besonders wichtig sind ihm die Augen. „Wenn ich die gut hinbekomme, habe ich gewonnen”, sieht er sich immer wieder bestätigt. Schließlich verleihen die Augen einem Gesicht seine individuelle Ausstrahlung. 

Für die Finalisierung seiner Arbeiten hat sich Markus Khüny einen Partner gesucht, der ihn mit seiner besonderen Liebe zur Holzverarbeitung überzeugt hat. Kunsttischler Markus Juen aus St. Gallenkirch gilt als einer der letzten, die einen perfekten „Montafonertisch” hinbekommen. Er war gleich Feuer und Flamme für die Einlegearbeiten des Bludenzers. In der Werkstatt des Tischlermeisters wird jedes einzelne Bild vorsichtig geschliffen und danach mit einer dünnen Lackschicht überzogen, die es vor den Auswirkungen des Sonnenlichts schützt. Trotzdem sollte eine Intarsie nicht direkt neben einem Ofen hängen oder ständig dem UV-Licht ausgesetzt sein, damit sie möglichst wenig nachdunkelt oder ausbleicht.

Als Markus Khüny seine Werke erstmals auf einem kleinen Weihnachtsmarkt in Bludenz präsentierte, fand zwar keines seiner Bilder direkt einen Abnehmer, doch viele Besucher zeigten sich begeistert von der modernen Anmutung und der handwerklichen Umsetzung. Langfristig hofft der Bludenzer, dass er auf Bestellung verschiedenste individuelle Wünsche umsetzen darf. „Denn ich würde am liebsten nichts anderes mehr tun.” In seinem Garten sieht er bereits eine Werkstatt entstehen, in der er ungestört und in einem feinen Ambiente seiner Leidenschaft nachgehen kann. Neben seinen beruflichen und familiären Verpflichtungen schafft er im Moment nicht mehr als elf, zwölf Bilder im Jahr. Doch diese machen ihm und ihren Besitzern viel Freude. 

Markus Khüny weiß, dass sich in ganz Europa nur noch sehr wenige Menschen mit der althergebrachten Intarsienkunst beschäftigen. Er hat drei Künstler ausfindig gemacht, vor denen er den Hut zieht, deren Arbeiten er bewundert. „Und ich möchte der vierte werden”, hat er sich vorgenommen. Er selbst hat keine Kinder, möchte die Familientradition aber trotzdem fortführen, indem er künftig Kurse anbietet. Im Moment ist das zwar noch Zukunftsmusik, doch die Vorbereitungen laufen. Eine eigene Homepage (www.mäx.at) ist vor wenigen Tagen online gegangen…

 

INTARSIEN

Schon in den ältesten bekannten Hochkulturen wurden verschiedenste Gegenstände mit Einlegearbeiten geschmückt. Archäologen haben etwa in Ägypten einen rund 2000 Jahre alten Sarg aus Zedernholz entdeckt, der mit Intarsien verziert war. Plinius der Ältere (23 bis 79 n. Chr.) behauptete in einem seiner Bücher gar, dass mit dem „Belegen der Hölzer” die Zeit des Luxus begonnen habe. Neben edlen Hölzern wurden für Intarsien verschiedenste andere Materialien wie Edelsteine, Perlmutt, Elfenbein, Metalle oder  Glaspaste verwendet. Im Unterschied zu Mosaiken sind die Übergänge von einem Teilstück zum anderen bei Intarsien völlig eben. Es gibt keinerlei Spalten oder Kanten, welche die plane Oberfläche stören. In Europa kamen Intarsien während des Mittelalters zunehmend aus der Mode, während diese Kunst etwa in China und Japan ohne Unterbrechung beliebt war und ist. Als die Mauren Spanien eroberten, lieferten diese den Anstoß dazu, dass Einlegearbeiten nach und nach auch in unseren Breiten wieder populär wurden. Vor allem Kunsttischler in Italien, Frankreich und Deutschland machten sich in der Neuzeit mit fantasievollen Intarsien einen Namen. Im Jugendstil des 20. Jahrhunderts begeisterten sich Architekten und Möbelbauer ebenfalls für diese Art von Dekorationen. 

(Quelle: Wikipedia)

Vorheriger ArtikelDie grünen Spinner von damals
Nächster ArtikelRechtstipp: Impfverweigerung – Kündigung möglich?