Kinderreime mit „Ländle-Flair”

Wenn eine junge Mutter aus der Dominikanischen Republik mit italienischen Wurzeln und eine Quechua-Indianerin aus Peru gemeinsam ein Kinderbuch gestalten, kann dieses durchaus viel Vorarlberger Lokalkolorit transportieren. Crystel Pellerano und Sofia Vega-Zanca treten demnächst den Beweis an. 

FOTOS: TM-HECHENBERGER

Getroffen haben sich die beiden Frauen nämlich in Göfis, wo Crystel Pellerano seit zehn Jahren zusammen mit ihrem Mann – einem gebürtigen Frastanzer, den sie beim Studium in Madrid kennengelernt hat – und inzwischen drei Kindern lebt. Obwohl sie an das großstädtische Treiben in Santo Domingo sowie ein deutlich wärmeres Klima gewöhnt war, fühlt sie sich heute als Göfnerin. Sie schätzt die Lage im Grünen,  die freundlichen Menschen, die moderateren Temperaturen, den Wechsel der Jahreszeiten und die Infrastruktur ihrer neuen Heimat, ist voll des Lobes etwa für das Treiben im „Bugo” – der öffentlichen Bücherei in Göfis, die zum Treffpunkt für Jung und Alt geworden ist. Sogar mit dem Schifahren hat sie es bereits versucht. 

Sofia Vega-Zanca zeichnet, seit sie fünf Jahre alt ist. Ihre Illustrationen gestaltet sie mit viel Liebe zum Detail.

Sofia Vega-Zanca stellte sich ebenfalls der Herausforderung, ein völlig anderes Land und eine fremde Kultur kennenzulernen. Sie kommt aus einem kleinen Dorf in den Anden, in einer Höhe von 3.700 Metern. Schon als kleines Kind interessierte sie sich für die Alpen, wollte später einmal nach Österreich reisen. Über eine Internet-Plattform hatte sie sich deshalb um eine Au-pair-Stelle beworben und lernte so die fünfköpfige Familie in Göfis kennen. 

Zu Weihnachten begeisterte die junge Peruanerin ihre Arbeitgeber mit liebevoll gezeichneten Porträts ihrer beiden älteren Schützlinge – der sechsjährigen Anna und des vierjährigen Paul. Crystel Pellerano war sofort Feuer und Flamme, hegte sie doch schon lange den Plan, ein Kinderbuch zu schreiben – und nun schickte ihr das Schicksal nicht nur ein liebevolles Kindermädchen, sondern zudem eine begabte Illustratorin für dieses Vorhaben. Wenig später stürzten sich die beiden Frauen mit vereinten Kräften in dieses Projekt. 

Dieses Buch mit Gedichten ihres Großvaters hält Crystel Pellerano sehr in Ehren.

„Ich lese meinen Kindern jeden Abend eine Gute Nacht-Geschichte vor. Das ist ein festes Ritual”, erzählt Crystel Pellerano. Sie hatte sich allerdings überlegt, dass es schön wäre, wenn sie den Kindern etwas vorlesen könnte, das direkt mit ihrem Alltag zu tun hat. Ihr Vorbild in dieser Hinsicht ist ihr Großvater, der viele Ereignisse aus dem familiären Umfeld in Gedichten beschrieben hat, welche Crystels Tante zum Buch binden ließ. „Er hat etwas hinterlassen, das bleibt”, hält Crystel Pellerano dieses Erbe in Ehren, „das möchte ich auch.” 

Allerdings wusste sie nicht so recht, wie sie das Projekt angehen sollte. Sie ist deshalb dankbar, dass sie über Umwege mit Eva-Maria Dörn in Kontakt kam. Die Schlinser Autorin und Schreibpädagogin gab ihr entscheidende Tipps, worauf sie beim Aufbau des Buches und beim Texten achten sollte. Crystel Pellerano nahm sich diese zu Herzen und feilte an Vierzeilern, welche das Leben von Anna und Paul beschreiben. 

Parallel dazu absolvierte Sofia Vega-Zanca online einen Illustrationskurs, lernte, wie man ein Storyboard entwickelt und einem größeren Projekt eine durchgehende grafische Handschrift verleiht. 

Dieses Porträt des vierjährigen Paul und ein weiteres, das seine Schwester zeigt, setzten die Zusammenarbeit der beiden Frauen in Gang.

In enger Zusammenarbeit haben die beiden Kreativen pro Buch jeweils acht Doppelseiten ausgearbeitet, auf denen großformatige Illustrationen zum Entdecken einladen und die Botschaften der gereimten Vierzeiler unterstreichen. Kenner der Szenerie werden dabei viel Bekanntes entdecken. Denn wenn die Bilderbuch-Anna in ihrem Kinderzimmer aus dem Fenster schaut, blickt sie direkt auf die Mondspitze, und auch der Raum selbst mit den vielen Kuscheltieren auf dem Bett gleicht dem der echten Anna. 

Die Illustrationen für die zweite Geschichte, in der Paul einem Keks nachjagt, sind ebenfalls bereits weit gediehen. Die Handlung spielt in einem gemütlichen Café, das jenem in der Göfner Bücherei in vielen Details gleicht. Sogar den kleinen Vogel, der regelmäßig vor der Terrasse der Familie hin und her trippelt, hat Sofia Vega-Zanca auf einem Bild verewigt. 

Das zweite Buch ist ebenfalls bereits in Arbeit.

Auf die ersten Ergebnisse sind beide Frauen sehr stolz. Bereits im Sommer soll das erste Buch für Kinder ab einem Alter von zwei Jahren gedruckt sein – auf stabiler Pappe, damit es auch dann schön bleibt, wenn es tagtäglich durch Kinderhände wandert. „Wir werden tausend Stück produzieren lassen”, erklärt Crystel Pellerano. Ihr ist es nämlich wichtig, dass ihr Buch zu einem vernünftigen Preis zu haben ist. Dafür braucht es eine relativ hohe Auflage. 

Damit „Anna und ihre bezaubernden Locken” die kleinen Zuhörer erreicht, hat die studierte Marketing-Fachfrau mit einem Master in International Business einen Instagram-Account eingerichtet, auf dem sie die Welt ein bisschen an ihrem Familienleben teilhaben lässt. Crystel Pellerano veröffentlicht dort die Lieblingsrezepte ihrer Kinder, gibt Bastel- und Ausflugstipps und erzählt natürlich auch von der Entwicklung ihres Lieblingsprojekts. Eltern, die auf der Suche nach Inspiration sind, können der angehenden Kinderbuchautorin dort in den „mini_alltagszauber” folgen. Eine Website, auf der das Kinderbuch erhältlich sein soll, ist ebenfalls in Arbeit. Außerdem hofft Crystel Pellerano, dass sie das Buch in den Bibliotheken, Kinderbetreuungseinrichtungen und Geschäften der Region vorstellen und zum Verkauf anbieten darf. Für Lesungen steht sie gerne bereit.

Sofia Vega-Zancas möchte ihre kreativen und handwirklichen Fähigkeiten auch in Zukunft weiter ausbauen. Sie wird nach diesem bereichernden Austausch auf jeden Fall mit der Vorarlberger Familie in Kontakt bleiben. Schließlich gibt es ja auch noch den eineinhalbjährigen Leon, der wohl ebenfalls gerne Held eines eigenen Buches werden würde. Man darf also gespannt sein, was man von diesem internationalen Duo noch alles hören wird.

 

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