Fokus auf das Herz unserer Galaxie

Der Sternenhimmel fasziniert die Menschheit seit jeher. Vor allem in den Sommermonaten bieten sich hierzulande prächtige Ausblicke auf die Milchstraße, um deren Zentrum geschätzte hundert bis 300 Milliarden Sterne kreisen. Mit Geduld und der richtigen Ausrüstung werden fantastische Welten sichtbar.

FOTOS: HANNES BRANDNER, TM-HECHENBERGER

Hannes Brandner hat sich in den letzten Monaten immer wieder auf die Lauer gelegt – immer in dunklen, klaren Neumond-Nächten und an Orten, an denen keine künstlichen Lichtquellen das Auge irritierten. Der Nenzinger ist eher zufällig in dieses Hobby gestolpert. Er versuchte sich seit ein paar Jahren in seiner Freizeit als Landschaftsfotograf, als ihm im Sommer 2020 eine Abendaufnahme Rätsel aufgab. Am Horizont entdeckte er ein vermeintliches Wolkenband, das über dem Nenzinger Berg steil in den Himmel wies – und staunte nicht schlecht, als er herausfand, dass der Zufall ihm die Milchstraße vors Objektiv gerückt hatte. Die schwebt nämlich im Sommer verlässlich jede Nacht von Norden nach Süden über den Zenit.

Seit dieser Entdeckung beobachtet Hannes Brandner den Sternenhimmel akribisch, beschäftigt sich mit den Sternbildern und hat natürlich auch recherchiert, wie die Milchstraße zu ihrem Namen kam. Ein griechischer Mythos besagt nämlich, dass Göttervater Zeus seiner schlafenden Gattin Hera ein Kind an die Brust legte, das er mit einer Sterblichen gezeugt hatte. Herakles sollte durch diesen Schachzug göttliche Kräfte erhalten. Doch Hera erwachte und riss das Kind von ihrer Brust, sodass ihre Milch weit über den Himmel spritzte. Es gibt verschiedenste Varianten dieser Sage. Doch der Name Milchstraße ist in vielen Sprachen der Welt bis heute gebräuchlich.

Hannes Brandner war in den letzten Wochen immer wieder nächtelang  unterwegs, hat auf den optimalen Moment gewartet und verschiedenste Locations ausprobiert, an denen er die Sternenkonstellationen für spannende Bildkompositionen einspannen kann. Er nutzt dafür die Handy-App PhotoPills, die ihm genau ausrechnet, wann sich die verschiedenen Sternbilder optimal präsentieren. Die besten Kameraeinstellungen – größtmögliche Blende (2,8, besser noch 2.0 oder 1,4), ISO Werte zwischen 1600 und 6400 und eine Belichtungszeit von zehn bis 25 Sekunden – hat er im Internet recherchiert und in der Praxis weiter verfeinert. Den Fokus stellt er manuell auf unendlich, und ausgelöst wird per Selbstauslöser oder Fernbedienung, damit die blinkenden Sterne messerscharf am Himmel eingefroren werden. Hannes Brandner rät Anfängern, zuerst ein Testfoto zu machen. Stellen sich die Sterne auf dem Bild nicht als Punkte, sondern als kleine Striche dar, muss die Belichtungszeit verringert werden.

Im Juli, August und noch bis in den September hinein ist die Milchstraße besonders gut zu sehen, weil Sagittarius A –  ein Schwarzes Loch mit einer Masse, die 4,1 Millionen Sonnenmassen entspricht – jede Nacht bei uns am Horizont aufgeht. „Wir befinden uns in einem Seitenarm der Milchstraße und können deshalb von der Seite direkt ins Zentrum der Milchstraße  schauen”, erklärt Hannes Brandner. Das gigantische Schwarze Loch zieht die anderen Himmelskörper magisch an. Deshalb ist direkt an dessen Krater die Sternendichte  am höchsten, was dem Fotografen spektakuläre Lichteffekte beschert. Die Aufnahmen werden natürlich am Computer nachbearbeitet. „Die Farben sind aber wirklich so”, verteidigt Hannes Brandner seine facettenreichen Kompositionen. „Unsere Augen können auf diese Distanz nur nicht das gesamte Spektrum erfassen.” Der begeisterte Fotograf beschenkt alljährlich Freunde und Bekannte mit seinen Aufnahmen. „Und sie stellen den Kalender auch wirklich an gut sichtbarer Stelle auf”, freut sich der gelernte Tischler und begeisterte Laien-Schauspieler. 

 

Super-Vollmond im Herbst

Dies spornt ihn weiter an, sich auf die Lauer zu legen wenn sich etwa die Plejaden, die Oreonnebel oder die Andromeda Galaxie ankündigen. Und den Super-Vollmond wird er sich natürlich ebenfalls nicht entgehen lassen: Im September und Oktober kommt der Mond der Erde auf seiner leicht elliptischen Bahn nämlich besonders nahe. In der Nacht vom 17. auf den 18. September und dann vier Wochen später am 17. Oktober wird der Vollmond eindrucksvoll am Himmel stehen. Er befindet sich dann „nur” rund 357.000 Kilometer von unserem Planeten entfernt. Das sind fast 30.000 Kilometer weniger als die durchschnittliche Entfernung. Hannes Brandner hofft auf einen wolkenlosen Himmel. Er wird mit der Kamera bereitstehen.

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