„Du musst es wollen!”

Alfred Mader freut sich jeden Tag, wenn er die Türe zu seiner kleinen „Polsterer- und Autosattler-Werkstatt” in der Bludenzer Bahnhofstraße aufschließt und sich an die Arbeit macht. Dabei könnte sich der gebürtige Wiener, aufgewachsen im steirischen Bruck an der Mur und seit 1987 in Tschagguns wohnhaft, schon lange in den  Ruhestand verabschieden. Er wird heuer 81 Jahre alt.

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Außerdem kann er nicht Nein sagen, wenn (Stamm-) Kunden mit einem abgewohnten alten Polstersessel, einem kaputten Motorradsitz oder einer renovierungsbedürftigen Couch zu ihm kommen. „Es wäre ja ewig schad”, wenn derlei Sitzgelegenheiten auf dem Müll landen würden. Wo sie doch nach seiner fachmännischen Bearbeitung in neuem Glanz erstrahlen und wieder viele Jahre gute Dienste tun.

Gelernt hat Alfred Mader sein Handwerk in der kleinen Polsterer-Werkstatt Deschmann in Bruck an der Mur, wo er mit den Eltern und zwei Brüdern aufgewachsen ist. Zur Ausbildung gehörte nicht nur das Polstern – auch das Verlegen von Böden, Tapezieren, das Nähen von Gardinen und vieles mehr, das ihn zum ausgebildeten „Dekorateur” machte. An der damaligen Berufsschule in Feldbach gab es im Block­unterricht nicht nur das theoretische Wissen dazu, sondern auch jede Menge Streiche und verbotene nächtliche Ausflüge in Tanzlokale – Alfred Mader war dann meistens mit von der Partie.

Nach abgeschlossener Ausbildung machte er sich beruflich auf Reisen: Im ganzen deutschsprachigen Raum fand er immer wieder interessante Betriebe, bei denen er dazulernen konnte. So war er etwa jahrelang in einem exklusiven Geschäft in Zürich beschäftigt, das sich auf die Aufbereitung besonders wertvoller Möbelstücke aus der ganzen Welt spezialisiert hatte. Gemeinsam mit drei Meistern ihres Faches lernte Alfred Mader dabei alles, was zur fachgerechten und perfekten Restauration historischer Möbel dazugehört. Zu den regelmäßigen Kunden gehörte unter anderen Herbert von Karajan, dessen exquisiten Geschmack Mader schätzte, den er aber vor allem für seine musikalische Genialität bewunderte.

Klassische Musik und Jazz hatten es Alfred Mader nämlich immer angetan. Er war selbst ein talentierter Musiker, lernte Geige und Trompete und verfeinerte sein Können am Musikkonservatorium in Graz – später auch in Wien und Zürich. Speziell in Zürich war er nach der Arbeit nächtens oft in Jazzclubs unterwegs und musizierte in unterschiedlichen Combos.

Beruflich war Mader flexibel und wechselte den Arbeitsplatz, wenn er am bisherigen nichts mehr lernen konnte oder sich eine gute Alternative anbot. So arbeitete er auch für große Möbelhäuser in der Verkaufsberatung, bei der Planung und in den Reparaturwerkstätten. Zehn Jahre führte er in Berlin als selbstständiger Unternehmer sein eigenes Geschäft. „Durch diverse Umstände bin ich da aber zu sehr in die Boden­legerei eingestiegen. Ich hatte zwar große Aufträge, aber wirklich gefallen hat mir das nicht”, zieht Mader Bilanz zu dieser ersten Unternehmerphase.

„Du musst es wollen! Sonst hat es keinen Sinn!”
Alfred Mader über das Wichtigste im Berufsleben

Zwischendurch nahm er sich „Auszeiten” von Polstern, Teppichen und Gardinen: Er arbeitete zum Beispiel in der Stahlschmiede der damaligen Böhler-Uddelholm in Kapfenberg und machte den Kranführerschein. Über Umwege kam Alfred Mader schließlich 1987 mit seiner Frau nach Vorarlberg, wo seine Künste als Polsterer unter anderem im Rolls-Royce-Museum Dornbirn gefragt waren. Zuletzt arbeitete er als Grenzgänger bei einem großen Betrieb am Schweizer Bodenseeufer. Mit knapp sechzig Jahren eröffnete er dann seine eigene Werkstätte in der Bludenzer Bahnhofstraße. „Mein erster Kunde war ein Staplerfahrer vom Zementwerk in Lorüns”, erzählt Mader, und muss noch heute darüber schmunzeln. „Der Sitz in seinem Stapler war komplett durchgesessen und er hatte schon Rückenschmerzen. Er wollte aber keinen neuen, sondern unbedingt genau diesen Sitz behalten, der ihm jahrelang gut gepasst hat.”  Nach der Reparatur waren die Rückenschmerzen weg – und Maders erster Kunde glücklich.

Seither sind viele Kunden aus nah und fern hierhergekommen – meist auf Empfehlung über Mundpropaganda. Klassische Werbung hat er nie gemacht, „weil immer genug zu tun war!” Das ist auch heute noch so – und solange es ihm gesundheitlich weiterhin gut geht, will er auch künftig jeden Morgen aus dem Montafon nach Bludenz fahren und sich um die „Patienten” in seiner Werkstatt kümmern.

„Für Außenstehende  schaut es hier vielleicht aus wie in einem Saustall. Aber ich halte sehr gut Ordnung und alles hat seinen Platz.”
Alfred Mader über seine kleine und mit Möbeln in verschiedenen Renovierungsstufen vollgeräumte Werkstatt.

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